Was muss ein einzelner Mensch eigentlich alles ertragen, denke ich mir, als mein Chef sagt, dass ich zu einer Weiterbildung geschickt werde. Und dann auch gleich eine ganze Woche. Naja, wenigstens muss ich dann nicht hier in der Ballerburg arbeiten und kann mal schick im Hotel wohnen. Doch solche Seminare sind mir nie ganz recht. Denn auch wenn Homosexualität normal geworden zu sein scheint, fühle ich mich bei dem bevorstehenden unfreiwilligen Outing immer etwas unwohl. Da sitze ich nun mit sieben anderen wildfremden Menschen in einem Halbkreis. Vor der Gruppe steht die Seminarleiterin Eva und ein promovierter Rechtsanwalt, „Schnösel“, denke ich spontan. Ich trage ein grünes Hemd und eine Hose mit Hosenträgern, dazu passend grüne Schuhe. Und zack, da bin ich direkt im Mittelpunkt, als mich „Dr. Schnösel“ fragt, welcher Zirkus denn in der Stadt gastiere. Hurra, die Gruppe lacht, zwar über mich, aber die Stimmung ist gerettet.
Vorstellungsrunde
Nach dem Spruch kommt natürlich das, was immer kommt, man darf sich vorstellen. „Ich fange definitiv nicht an“ gebe ich angezickt von mir. Einer nach dem anderen stellt sich also vor, ich als letztes. Es fällt mir auf, dass nur „Randgruppen“ in dem Seminar sitzen. Die Gruppe besteht aus einem Griechen, einem Iraner, einem Türken, einem Bayern, einer Frau aus Sachsen und einem Homosexuellen. Ich fange an zu grinsen und bin auch schon an der Reihe. Ich stelle mich vor und nehme diese Erkenntnis zum Anlass mich nicht zu outen, denn mein Outfit sollte doch schon genug gesagt haben. Jedenfalls kam von Misses Chemnitz der Spruch über die Lippen: „Wenigstens bin ich nicht die einzige Frau“ Das Eis war gebrochen.
Randgruppen machen Spaß
So eine Seminarwoche kann auch einiges verändern. Schon am ersten Abend bin ich natürlich „aufgeflogen“. Was aber bei allen sehr locker genommen wurde. In der Woche wurde sehr viel gelacht, auch über sich selber. Ich bin froh und dankbar Menschen kennengelernt zu haben, die mit den gleichen Hemmungen an diese Woche herangegangen sind wie ich. Und eins ist damit bewiesen. Randgruppen machen Spaß und haben Freude am Leben.
Und das könnt Ihr auch im März wieder beweisen, zum Beispiel bei der „Gay Students Night“ am 7.2. im BOYS´n`BEATS. Für die akademische Randgruppe heißt es dann Bier für 2 Euro und Eintritt frei für alle, die bis Mitternacht auf der Matte stehen.
Euer Micha
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